Der elfjährige Peter McGuire verkaufte Zeitungen auf den Straßen von New York City. Er putzte Schuhe, reinigte Geschäfte und später wurde er Laufbursche. Wir schrieben das Jahr 1863 und sein Vater, ein armer irischer Immigrant, hatte sich gerade als Soldat für den Bürgerkrieg gemeldet. Peter musste helfen, seine Mutter und seine sechs Geschwister durchzubringen.
Viele Immigranten kamen im XIX. Jahrhundert nach New York und blieben dort. Sie sahen, dass die Verhältnisse nicht ganz so wunderbar waren, wie sie es sich erträumt hatten. Oft lebten sechs Familien zusammengedrängt in einem Einfamilienhaus. Tausende Kinder mussten arbeiten. Noch schlechter als die Wohnverhältnisse waren die Arbeitsbedingungen. Immigranten – Männer, Frauen und Kinder – arbeiteten zehn bis zwölf Stunden am Tag in Fabriken, mit einer kurzen Essenspause. Sie gingen auch zur Arbeit, wenn sie müde oder krank waren, denn wenn sie es nicht taten, konnten sie leicht ihren Job verlieren. Hinter ihnen warteten schon tausende andere.
Als Peter 17 war, begann er als Lehrling in einer Klavierwerkstatt. Diese Arbeit war besser als die zuvor, denn er lernte ein Gewerbe, doch seine Arbeitstage waren immer noch lang und schlecht bezahlt. Abends besuchte er Versammlungen und Kurse über damals aktuelle wirtschaftliche und soziale Themen. Eines der meistbeachteten waren die Arbeitsbedingungen. Die Arbeiter waren die lange Arbeitszeit, die schlechte Bezahlung und die Unsicherheit leid. Sie sprachen davon, sich zu einer Gewerkschaft zusammenzuschließen, um ihre Arbeitsbedingungen zu verbessern. Im Frühling des Jahres 1872 streikte Peter McGuire mit 100.000 Arbeitern. Sie marschierten durch die Straßen und verlangten kürzere Arbeitszeiten.
Dieses Ereignis überzeugte Peter, dass eine organisierte Arbeiterbewegung wichtig für die Rechte der Arbeiter sei. Im nächsten Jahr sprach er immer wieder zu zahlreichen Arbeitern und Arbeitslosen und wurde wiederholt bei der Stadtregierung in Sachen Arbeitsplätze und Arbeitslosenunterstützung vorstellig. Der Weg war steinig. Er wurde als „öffentlicher Unruhestifter“ bekannt. Die Regierung der Stadt ignorierte seine Forderungen. Er selbst konnte in seinem Gewerbe keine Arbeit finden und begann, die Ostküste auf- und abzureisen, um zu Arbeitern über das Bilden von Gewerkschaften zu sprechen. Im Jahre 1881 zog er nach St. Louis im Bundesstaat Missouri und begann dort, die Tischler zu organisieren. Er rief zu einer Zusammenkunft von Tischlern in Chicago auf, bei der eine nationale Union der Tischler gegründet wurde. Peter McGuire wurde Generalsekretär der United Brotherhood of Carpenters and Joiners of America („Vereinigte Bruderschaft der Tischler und Schreiner Amerikas“).
Die Idee, Arbeiter nach ihrem Gewerbe zu organisieren, verbreitete sich im ganzen Land. Fabriksarbeiter, Hafenarbeiter und Werkzeugbauer verlangten nach ihren Rechten auf einen achtstündigen Arbeitstag, einen sicheren Arbeitsplatz und eine Zukunft in ihrem Handwerk oder Gewerbe. Peter McGuire und Arbeiter in anderen Städten planten einen den Arbeitern gewidmeten Feiertag am ersten Montag im September, zwischen dem Unabhängigkeitstag und dem Thanksgiving Day.
Am 5. September 1882 wurde in New York der erste Labor Day – Aufmarsch abgehalten. Zwanzigtausend Arbeiter marschierten den Broadway hinauf. Sie trugen Banner mit der Aufschrift „DIE ARBEIT SCHAFFT ALLEN WOHLSTAND“ und „ACHT STUNDEN ARBEIT, ACHT STUNDEN SCHLAF, ACHT STUNDEN FREIE ZEIT!“ Nach dem Aufmarsch wurde gepicknickt. Die Arbeiter und die Feiernden aßen Irish Stew, selbst gebackenes Brot und Apfelkuchen. Am Abend gab es Feuerwerk. Innerhalb weniger Jahre verbreitete sich die Idee von Küste zu Küste und alle Bundesstaaten feierten den Labor Day. 1894 entschied der Kongress, dass dieser Tag ein offizieller, bundesweiter Feiertag sein solle.
Heute feiern wir den Labor Day am ersten Montag im September, wenn auch etwas weniger aufwändig. In einigen Städten gibt es Aufmärsche und gemeinsame Picknicks. Für viele Politiker bildet der Labor Day mit politischen Zusammenkünften Auftakt für ihre Kampagne. Für die meisten Amerikaner läutet der Labor Day das Ende des Sommers ein und die Strände und Erholungsgebiete sind voll mit Menschen, die ein letztes dreitägiges Wochenende genießen.